Über uns
Die Genossenschaft Doktorhaus Wallisellen bewahrt mit der „Wirtschaft zum Doktorhaus“ ein historisches Baudenkmal und schafft zugleich einen lebendigen Treffpunkt für gesellschaftliches und kommunales Leben. Mit Engagement und Weitblick sorgt sie dafür, dass Tradition und Moderne in einem einzigartigen Ambiente verschmelzen.
GENOSSENSCHAFT DOKTORHAUS WALLISELLEN
Mitglieder der Verwaltung (Amtsdauer 2024 bis 2026)
Thomas Leugger Präsident
Urs Kälin Kassier
Andreas Bollier Liegenschaftenverwalter
Esther Müller Beisitzerin
Tobias Meier Kern Delegierter des Stadtrates Wallisellen
Guido Egli Sekretär

„Vergangenheit bewahren, Gemeinschaft leben, Zukunft gestalten.“
«Geschichte und Geschichten um das Doktorhaus»
Mit Doktorhaus besitzt Wallisellen nicht nur einen städtebaulichen, sondern auch einen historischen Merkpunkt. Und wenn der Schnittpunkt von Geschichte und Zukunft zum Treffpunkt der Gegenwart wird, dann hat die Vergangenheit die sinnvollste Bedeutung für ein Gemeinwesen, das sich mit den aktuellen Problemen ernsthaft auseinandersetzt und die Gemeinschaft sucht.
Damit kommen wir zur Geschichte des Doktorhauses, besser zur
Vorgeschichte
Um 1400 also gegen Ende des grauen Mittelalters muss es am Kreuzplatz bereits eine Taverne gegeben haben. So genau weiss man das heute nicht mehr.
Ab 1465 kann die Vorgeschichte des Doktorhauses nachgewiesen werden. Rüdi Weber ist der erste uns bekannte Besitzer der Taverne zur Linde. Ihren Namen hatte sie wahrscheinlich von der nahen Gerichtslinde her. Für den Betrieb der Weinstube musste Rüdi Weber den gnädigen Landsherren eine Gebühr von 5 Pund entrichten.
Wallisellen war damals ein kleines Dorf von 7 Höfen und 50 Einwohnern. Die günstige Verkehrslage zwischen Winterthur und Zürich brachte sehr viel Volk und Verkehr in die Taverne am Kreuzplatz. Selbst schwere Fuhren schwäbischen Korns wurden über die Rheinbrücke von Stein am Rhein auf den Kornmarkt von Zürich gefahren. Und beladen mit Geräten und Gebrauchsgütern aller Art, kehrten sie wieder von Zürich zurück. Am Kreuzplatz aber gönnten sich Fuhrleute und Pferde eine Verschnaufpause mit Imbiss und Trank.
So entwickelte sich die Taverne zum eigentlichen Zentrum, zum Gasthaus zur Linde, wo übrigens jeden Berchtelistag auch die Gemeindeversammlung stattfand. Der Dorfmeier und der Säckelmeister wurden gewählt, und zum Schluss wurden die Geschäfte mit einem Gratis-Trunk begossen, dazu war der Lindenwirt verpflichtet.
In den folgenden Jahrzehnten wechselte das Gasthaus zur Linde unzählige Male die Hand.
1531 soll der stämmige Klaus Müller, der Fähnrich der Grafschaft Kyburg war, das Gasthaus am Kreuzplatz geführt haben. Von ihm sagt man, dass er in der zweiten verhängnisvollen Schlacht bei Kappel im Jahre 1531 das Kyburger Fähnlein eingerollt und damit das Zeichen zur Flucht gegeben habe. Mangels Beweise ist er einer kriegsgerichtlichen Verurteilung entgangen.
Mit dem Aufkommen der Hausindustrie zur Herstellung von Woll- und Seidenwaren nahm die Bevölkerung in der Zürcher Landschaft sehr stark zu. Innert 100 Jahren soll sich die Einwohnerzahl von Wallisellen verdreifacht haben, und zwar von 127 auf 401 Seelen.
Von der Wirtschaft zum Doktorhaus
1733 entschloss sich der damalige Lindenwirt, Landrichter David Ziegler, etwas westlich vom Standort der alten Taverne ein neues Gasthaus zu bauen. Und so entstand das stattliche Gasthaus zur Linde, so wie wir es heute kennen. Langsam aber sicher wurde die Wirtschaft zum Doktorhaus, denn David Ziegler war ein Allerweltskerl mit vielen Talenten und einem ausgeprägten Geschäftssinn.
Er war nicht nur Landrichter und Gastwirt, nein, er war auch Chirurg und Barbier. Die Patienten, die zwecks Anregung der Blutzirkulation von David Ziegler geschröpft wurden, konnten sich in der Gaststube bei Speis und Trank wieder stärken. Zu den Doppel-Geschröpften gesellte sich wahrscheinlich die Kundschaft, die von David Ziegler kunstgerecht eingeseift, den Bart oder die Haare scheren liess.
1739 verkaufte der reich gewordene David Ziegler den Gasthof zur Linde mit Metzg und allem Zubehör für 11’120 Gulden an Heinrich Schulthess
Hat Ziegler wohl geahnt, dass die guten Zeiten am Schwinden waren? Auf jeden Fall folgten in den nächsten Jahrzehnten politische Wirren, der Umsturz der alten Eidgenossenschaft und die Franzosenzeit.
1791 kaufte die Gemeinde Wallisellen das Gasthaus und verkaufte es wieder für 22’400 Gulden an Landrichter Hans Rudolf Hartmann aus Kloten. Nicht weniger als 7 Handwechsel folgten in den nächsten 70 Jahren.
1855 als die erste Dampfloki der Nordostbahn über Wallisellen nach Winterthur Stampfte, war es nicht nur die Romantik im Gasthaus am Kreuzplatz geschehen, auch die verkehrswirtschaftliche Grundlage wurde ihm endgültig entzogen. Und damit begann der Niedergang des stolzen Gasthauses am Kreuzplatz.
1858 verkaufte der letzte Lindenwirt, Kaspar Müller, den Gasthof an Bernhard Schlatter, Arzt von Hallau in Wallisellen, für Fr. 16’000.00.
Dazu gehörte damals:
1 Metzggebäude mit Behausung, Scheune und Stallung
1 Holzschopf mit zwei Schweineställen
1 Scheune mit Stall und Wagenschopf
1 ganze Dorfgerechtigkeit
2/5 an einer Weintrotte
3 Vierling Gemüse- und Baumgarten
Bernhard Schlatter richtete in der Linde seine Arztpraxis ein, und das ehemalige Gasthaus wurde zum Doktorhaus. Man erzählt sich, dass Bernhard Schlatter von der Nordostbahn die Erlaubnis hatte, für seine Patientenbesuche die Güterzüge zu benützen. Mit einer Zugführerpfeife kündete er dem Personal sein Kommen an, wenn er befürchten musste, der Zug fahre ab, bevor er die Station erreichte.
1989 übernahm Dr. Lutz die Arztpraxis von Bernhard Schlatter und besuchte die weit verstreuten Patienten mit Pferd und Wagen. Später kaufte sich Dr. Lutz ein Automobil. Es war das erste in Wallisellen und trug die Nr. 7. Aber eben, oft versagten die neuen Pferdestärken und das Doktorwägeli musste mit zwei Kühen die Dorfstrasse heraufgezogen werden. Die Lacher warten auf den Strassenseiten und das bitter grimmige Gesicht in der Kuh-Motor-Droschke drin.
1916 zog Dr. med. Caspar Escher als Nachfolger ins Doktorhaus ein, verarztete die Bevölkerung von Wallisellen und Umgebung bis zum Jahr 1932.
1942 verkauften die Erben Schlatter das Doktorhaus der politischen Gemeinde Wallisellen, die es als Finanzvermögen dem Armengut übergab. Damit begann der zweite, beinahe endgültige Niedergang des herrschaftlichen Hauses.
»Es verlotterte zusehends zur alten, abbruchreifen Hütte.
Erst jetzt beginnen sich die Freunde des Doktorhauses zu regen,
um später erfolgreich handeln zu können.«
1967. Ein Gutachten der Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich bestätigt die Behörde in der Auffassung, dass der den Kreuzplatz dominierende Bau wohlproportioniert und deshalb erhaltenswürdig sei. Nachdem nur 121 mehr Nein-Stimmen die Renovation des Doktorhauses von Wallisellern abgelehnt wurde, gründeten die Freunde des Doktorhauses eine Genossenschaft zur Rettung dieses typischen zürcherischen Landhauses.
1968. Mit der Zustimmung der Gemeindeversammlung wurde der gesamte Gebäudekomplex als Genossenschaft im Baurecht übergeben, mit der Verpflichtung, das Haus am Kreuzplatz wieder in einen Landgasthof umzubauen.
Allmählich erwachte bei den Bürgern das Interesse für die Erhaltung des Doktorhauses. Über 200 Genossenschafter und Spender brachten ein Kapital von Fr. 1’200’000.00 zusammen. Für den Restbetrag erhielt die Genossenschaft einen Baukredit von der Gemeinde Wallisellen, die vom Souverän den Auftrag erhielt, dem Doktorhaus einen Saalbau anzuschliessen.
1975 konnte die Genossenschaft mit gutem Gewissen die Umbauarbeiten nach den Plänen von Architekt Robert Bosshard in Angriff nehmen. Und zu dieser Aufgabe meint der Architekt unter anderem:
«kann man das heute immer breiter werdende Verständnis für das Altgewordene
(auch ohne dass es sich um ein offensichtliches Baudenkmal handelt)
als modischen Trend bezeichnen? Könnte es vielleicht nicht noch ein Anzeichen dafür sein,
dass unsere Bauten masslos werden, den menschlichen Massstab verlieren?»
1976. Oktober. Endlich ist es so weit. Das vom Vorstand der Genossenschaft gewählte Wirteehepaar Hans-Georg und Gertraud Wolf übernahmen die Räumlichkeiten des Doktorhauses. Damit wurde das über 240 Jahre alte Landhaus am Kreuzplatz nach 110 Jahren wiederum zum behaglichen Gasthaus.
Zur Feier der glücklich verlaufenen Renovation lud der Vorstand am 30. Oktober 400 Genossenschafter und Gäste zu einer «Hausräuke». Männiglich freute sich über das gelungene Werk.
1978. Die guten Ergebnisse der Jahre 19776 und 1978 gestatteten der Genossenschaft, bereits ab 1978 das Genossenschaftskapital zu verzinsen.
1982. Von Anbeginn der Pachtübernahme schuf das Ehepaar Wolf aus einem unbekannten Gasthof «Wirtschaft zum Doktorhaus» eine Gaststätte, deren guter Ruf sich weit über die Gemeindegrenze ausbreitete.
Der für die Genossenschaft anfallende Ertrag machte es möglich, dass die Genossenschaft 1982 schuldenfrei war.
Auf den 31. März 1983 kündigte das Pächterehepaar den Wirtevertrag. Der Vorstand fand bald eine ebenbürtige Nachfolgerin…
1986. Am 1. April übernahm Frau Rita Essig als neue Pächterin das Restaurant und den Gemeindesaal. Sie machte sich sofort an die Aktivierung des Gemeindesaales, erkannte die Bedeutung der Gartenwirtschaft und des Dachstockraumes, der bisher mehr oder weniger brach lag.
1984. In diesem Jahr fiel die erste grössere Reparatur an. Eine neue Heizanlage wurde so ausgestattet, dass sie sowohl mit Gas als auch mit Öl betrieben werden konnte.
1986. Nun sind es 10 Jahre her seit der Eröffnung der Wirtschaft zum Doktorhaus und des Gemeindesaals. Frau Essig organisierte zu diesem Anlass ein Fest, das sich über 4 Jahre erstreckte.
Die verflossenen 10 Jahre gingen an Haus und Einrichtung nicht spurlos vorbei. Eine Reihe von Neuanschaffungen an Apparaten oder deren Ersatz wurden notwendig. Die neue Pächterin steigerte den Umsatz in Saal und Restaurant erheblich. Änderungen an der Infrastruktur wurden notwendig.
1988. Im März wurde der Pachtvertrag mit Frau Essig um weitere 5 Jahre verlängert.
1989. Die Bedienung des Dachstockraumes mit Speis und Trank über die Treppenstufen war für das Personal beschwerlich. Um dem abzuhelfen, entschloss sich der Vorstand, die im Dachstock eingebauten Toiletten in das zweite Obergeschoss zu verlegen. Damit konnte in den so geschaffenen Raum ein gut eingerichtetes Office eingebaut werden.
1992. Nach 15 Jahren am Kreuzplatz musste dem Doktorhaus ein «Facelifting» verpasst werden. Seit dieser Fassadenrenovation erstrahlt das Doktorhaus in neuem Glanz.
1993. Frau Rita Essig konnte mit verschiedenen Aktivitäten ihr 10jähriges Jubiläum als Doktorhaus-Wirtin feiern. Ihre erfolgreiche Führung des Betriebes machte es dem Vorstand leicht, den Pachtvertrag um weitere 5 Jahre zu verlängern. Im Sommer des gleichen Jahres begann die Gemeinde mit dem Umbau des Kreuzplatzes. Anstelle einer Lichtsignalanlage, die in Stosszeiten immer wieder zu Staus führte, wurde der Kreisen gebaut. Der neue Kreuzplatz ist auch für das Doktorhaus ein Gewinn.
…und 1994. Die 25. Generalversammlung am 27. Mai wird ein besonderer Anlass werden. Der Vorstand der Genossenschaft hat beschlossen, sie mit einem Fest zu feiern.
Damit ist die bisherige Geschichte des Doktorhauses zu Ende. Eine Fortsetzung wird es spätestens dann geben, wenn der Baurechtsvertrag ausläuft. Das wird im Jahre 2016 der Fall sein.
Verfasser: Hans Flury, Präsident Genossenschaft Doktorhaus Wallisellen, 1976 / 1994